Als Münchens ältester Kindergarten der von einer Elterninitiative (seit 1972) geführt wird, sind wir seit über 50 Jahren im ältesten dörflichen Schulhaus der Stadt zuhause, im ältesten von Münchens denkmalgeschützten, historischen Ortskernen – Oberföhring.
Grund allein für viele Eltern, sich für diesen Ort zur Kindergartenbetreuung ihrer Sprösslinge zu entscheiden. Denn Geschichte ist hier nicht nur Atmosphäre, sondern wird alltäglich gegenwärtig gelebt. Und so möchten wir am Tag des Offenen Denkmals die einzigartige Gelegenheit ergreifen, in die Vergangenheit einzutauchen und mit dem von uns bewohnten Denkmal auf Zeitreise zu gehen:
Beeindruckende 1.000 Jahre müssen wir zurückgehen, um an den Ursprung dieses besonderen Ortes für Kinder, Bildung und Fürsorge zu gelangen.
Vor über 1.000 Jahren also – im frühen Mittelalter – führte die zunehmende Belebung der wirtschaftlich bedeutsamen Salzhandelsstraße (in weniger als 100 m vom jetzigen Kindergarten entfernt, an der Pernerkreppe) zum Bau einer Bildungseinrichtung für Kinder auf dem jetzigen Gelände des Kindergartens. Wie genau es zur Errichtung an dieser Stelle kam, ist historisch überliefert:
Laut wissenschaftlichen Forschungen errichteten die Freisinger Bischöfe bereits im 9.Jh am Hohlweg zur Flussbrücke eine Burganlage, denn der Brückenübergang war durch die lukrativen Zolleinnahmen zur Isarquerung bereits im Frühmittelalter von hoher, zu sichernder Bedeutung.
Die Einnahmen führten zu einer wachsenden wohlhabenden Bevölkerung in Oberföhring und so wurde bereits wenig später im Jahr ad 903 das Gebiet zwischen Burganlage und jetzigen Kindergarten unter den Freisinger Bischöfen zum Handelsplatz mit Markt- und Münzrecht erhoben.
Da der Ort reich war, florierte und beträchtliche Zolleinnahmen flossen, wurde etwa zeitgleich der Bau einer Kirche – St Lorenz (damals St Laurentius) – Bildungseinrichtung, Pfarr- und Bischofsitz errichtet, wie Quellen aus dem Archiv des Bistums Freising belegen.
Ab dem 11.Jahrhundert ist der kirchliche Schulbetrieb urkundlich belegt, da die Bischöfe zu diesem Zeitpunkt verpflichtet wurden, Schulen in ihren Diözesen zu unterhalten.
Oberföhring als blühender Handelsort unter dem Einfluss des Bischofs von Freising hatte also eine kirchliche Bildungseinrichtung, die nahe dem jetzigen Pfarrhaus und Kirche angegliedert war. In den Archiven des Bistums Freising bezeugen originale Urkunden die Anstellung von Cooperatoren (=Kaplan), denen u.a. Verantwortung zum Unterrichten und zur Gottesdienstordnung übertragen wurde.
Und nun wird es spannend:
Denn historische Lagepläne zeigen, dass das Haus dieses Cooperators an fast identischer Position stand, wie das aktuell vom Kindergarten bewohnte “Alte Schulhaus”.
Es war wohl eher ein Holzbau und deutlich kleiner als das jetzige unter Denkmalschutz stehende Schulhausgebäude.
Dieses Cooperatorhaus befand sich ebenso wie das jetzige „Alte Schulhaus“ direkt unterhalb der Pfarrkirche St. Lorenz und ergänzte das gemauerte Pfarrhaus nebst steinernem Stadl und Remise.
Neben dem historisch-kartografisch dokumentierten baulichen Ensembles aus den Urkunden und Schriften des Archivs des Bistum Freising, weißt auch ein über 400 Jahre alter Grenzstein direkt am „Alten Schulhaus“ (Rochus-Dedler-Weg) unterhalb des historischen Pfarrhofgeländes auf das Alter des Areals hin. Er ist der einzige erhaltene im Münchner Stadtgebiet und zeigt, dass die Anlage nachweislich bereits um 1623 gestanden haben muss.
Mit dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) gingen die Bevölkerungszahlen stark zurück. Die Kirchgemeinden und kirchliche Schuleinrichtungen aus Oberföhring wurde mit den umliegenden Gemeinden zusammengelegt. Infolgedessen baute die Kirche um 1663 das Schul-Eremitorium an der jetzigen Spervogelstraße, das deutlich größer als die Räume im Cooperatorhaus von St. Lorenz wurde. Es sollte jedoch nur 135 Jahre dauern, dass die Kinder hier gemeinsam unterrichtet wurden.
Bereits 1802 wurden Schulen verstaatlicht, und der Bildungsort für Kinder zog wieder zurück auf die Muspillistraße neben das Pfarrhaus, dorthin wo auch jetzt unser Kindergarten beheimatet ist. Im Jahr ad 1821 erfolgte der Bau des bis heute erhaltenen Schulgebäudes. Das kleinere Cooperatorhaus auf dem Pfarrgelände wurde abgerissen.
Seit dem sind es einmal mehr hunderte von Jahren – genau 203 Jahre – dass Betreuung, Erziehung und Fürsorge den Ort des “Alten Schulhaus” füllen und prägen. So ist nachvollziehbar, warum dieser besondere Bau und sein Gelände die Anerkennung des Denkmalschutzes erhielten, als bauliches Einzeldenkmal und im Ensembleschutz.
Was für ein beeindruckendes Geschichtsdenkmal, dem noch immer Leben aus Kinderlachen und Bildung eingehaucht ist!
Ein Ort den nicht nur seine baulichen Historie, sondern der Bestand seiner uralten Bäume und seine beeindruckende Nutzungsgeschichte unvergleichlich schützenswert machen.
(Quelle Bild: dpad)